
DAS IBIZA ATTENTAT
Book Preview
Kapitel 1.
SCHON SEIT JAHREN HATTE sich die Tradition entwickelt, dass ich nach einem intensiven Arbeitsjahr vierzehn Tage Sommerurlaub mit meiner Familie machte. Dazu flog ich mit meinen Kindern aus erster Ehe und meiner Mutter nach Ibiza, wo wir uns in der Regel in einer Hotelanlage einmieteten. Im Lauf der Zeit hatte es sich eingebürgert, dass sich uns auch
Freunde und Mitstreiter aus der Partei anschlossen, die mit uns flogen, vor Ort in der Nähe wohnten und sich auch während des Urlaubs in unserem Umfeld aufhielten...
Kapitel 2.
DER VERBAND DER UNABHÄNGIGEN, der im März 1956 von Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann gegründet wurde und später in der FPÖ aufging, war mehr oder minder ein Betriebsunfall der Gründer der Zweiten Republik. SPÖ, ÖVP und die Kommunisten waren die drei von den Alliierten anerkannten Parteien, die sich Österreich im Sinne eines Proporzsystems aufgeteilt hätten, wenn nicht die KPÖ bei den ersten Wahlen sang- und klanglos untergegangen wäre. Damit blieben die beiden anderen Parteien übrig, die nach dem Vorbild der USA das politische System dominiert und als kommunizierende Gefäße für einen Interessensausgleich gesorgt hätten. So gesehen brachte der VdU und später die FPÖ als freisinnige Partei dieses System durcheinander, andererseits erweiterte der neue Mitspieler aber auch die politischen Handlungsmöglichkeiten. Von Anfang an war der VdU mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Sammelbecken der `Ehemaligen´ zu sein, was aber eher Polemik als Realität war.
Kapitel 3.
IM ZUGE DER KOALITIONSGESPRÄCHE im Herbst 2017wies mich Sebastian Kurz immer wieder auf den starken internationalen Druck hin, der auf ihm lastete. Insbesondere inBrüssel und Berlin verfolgte man die Entwicklung in Österreichmit Aufmerksamkeit und Sorge. Die CDU/CSU spürte die zunehmende Konkurrenz unserer deutschen Partnerpartei AfD,die im konservativen Teich fischte und neben der SPD vorwiegendder Union Wähler abspenstig machte. Eine funktionierende Mitte-Rechts-Koalition in Österreich, die vernünftig und effektivregierte, konnte daher nicht im Interesse Angela Merkels und dereuropäischen Nomenklatura sein. Für mich war offensichtlich, wieunterschiedlich der Umgang der deutschen Medien mit meinerPerson im Vergleich zu meinem Vorgänger war: Jörg Haider waroft in deutschen Talkshows zu Gast gewesen und über seine Aktivitäten in Österreich wurde breit und ausführlich berichtet, inder Regel mit einer Mischung aus Schauder und Faszination. Beimir vermieden die deutschen Medien diesen Fehler: Ich hattevielmehr den Eindruck, dass deutsche Journalisten einen großenBogen um mich machten, sogar wenn ich Besuche in Deutschlandabsolvierte oder dort auf Veranstaltungen auftrat. Innerhalb vonfünfzehn Jahren war ich lediglich einmal in der Talkshow vonSandra Maischberger eingeladen.
Kapitel 4.
DER BEGINN MEINER OBMANNSCHAFT in der FPÖ wareher eine Steißgeburt. Ich übernahm eine Partei, die nicht nur amBoden lag, sondern auch intern gespalten und überschuldet war sowieinhaltlich eine Neuausrichtung brauchte. Viele erinnern sichnur an die Wahlerfolge von Jörg Haider, doch in Wahrheitglich diese Zeit für die FPÖ der Fahrt in einer Hochschaubahn. Haider war ein brillanter Wahlkämpfer, ein charismatischerParteiobmann, doch er agierte oft aus dem Bauch heraus, war inseinen Entscheidungen mitunter unstet und unberechenbar undscharte Glücksritter und Ja-Sager um sich. Gerade in den letztenJahren in der FPÖ wurden seine sprunghaften Wendungenimmer rätselhafter und stellten uns als Funktionäre oft vormassive Probleme, wenn wir die jeweils aktuelle Richtung unseren Mitgliedern und Wählern vermitteln sollten. Darüber hinaus hatteHaider vor allem auf Protest- und Wechselwähler gesetzt, umrasch zu wachsen, doch seinen politischen Einfluss hatte er damitkaum erhöht...
Kapitel 5.
DIE ANGELOBUNG DER NEUEN Koalitionsregierung am 17. Dezember 2017 verlief in amikaler Atmosphäre. Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte das türkis-blaue Team als “konstruktiv, kooperativ und lösungsorientiert”, mahnte aber auch Rücksicht auf die Schwachen in der Gesellschaft ein – und rannte damit bei mir offene Türen ein, da ich auch stets für die hilfsbedürftigen Bürger in Österreich eintrat. Der Unterschied zur Angelobung der schwarz-blauen Regierung von Wolfgang Schüssel hätte nicht größer sein können, so sehr hatte sich Österreich, hatte sich Europa innerhalb von weniger als zwanzig Jahren verändert und die FPÖ an Akzeptanz durch die Bürger gewonnen. Aufgrund meiner Funktion als Vizekanzler arbeitete ich naturgemäß eng mit Bundeskanzler Sebastian Kurz zusammen. Im persönlichen Umgang ist er ein äußerst freundlicher Mensch, diszipliniert, hochintelligent, sympathisch und zielorientiert. Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, dass er ein wenig hölzern wirkte, wie Teflon, fast leblos, einstudiert, gesteuert, was vielleicht auch am starken Kontrast zu meiner eigenen temperamentvollen Art liegt. Alles, was Sebastian Kurz tut, ist makellos, perfekt einstudiert, Fehler kommen nicht vor, es gibt keine menschlichen Schwächen. Vielleicht macht ihn gerade das als Persönlichkeit einerseits faszinierend, andererseits aber auch ein wenig beängstigend.
Kapitel 6.
TROTZ DER ÜBLICHEN Meinungsverschiedenheiten, die zu jeder Beziehung, und damit auch zu einer Koalition gehören, hatten wir uns nach mehr als einem Jahr mit der Volkspartei zusammengerauft, viele Initiativen gemeinsam auf den Weg gebracht, professionell gearbeitet und auch nach außen konstruktiv zusammengewirkt. Nach einem jahrelangen rot-schwarzen Stillstand und öffentlichen Streit wurde endlich gemeinsam gearbeitet, spürbare Reformen begannen zu greifen. Doch seit dem UN-Migrationspakt braute sich etwas zusammen, irgendetwas war im Busch. Mit dem manipulierten Video und der heimtückischen Falle an jenem Abend auf Ibiza hatte ich allerdings nicht gerechnet. Das Video war offensichtlich schon seit Ende Juli 2017 für den Tag X in der Schublade gelegen. Rund drei Wochen vor der Veröffentlichung sprach mich mein Sicherheitsmann, der sich später als jahrelanger Mittäter einiger Intrigen herausstellte, auf eine seltsame Aussage des deutschen `Comedians´ Jan Böhmermann an. „Hast du das mitbekommen?“, fragte er mit gespielter Naivität. „Da war in einer Fernsehshow irgendwas mit Drogen, Red Bull und einer Oligarchin auf Ibiza“. Im ersten Moment stellte ich keinen Zusammenhang mit Ibiza her, da ich niemals illegale Drogen konsumiert und daher ein reines Gewissen hatte. Erst als mein Sicherheitsmann (zu dem Zeitpunkt karenzierter Polizist) sagte, dass er mit einem Anwalt gesprochen hätte und dieser einen Zusammenschnitt eines Videos von Ibiza gesehen haben will, ihm aber nicht zeigen wollte, verstand ich überhaupt, worum es gehen könnte: Ich hatte nur einmal in meinem
Kapitel 7.
HÄTTE ICH NACH DER Veröffentlichung des manipulativ gekürzten und aus dem Kontext gerissenen Ibiza-Videos überhaupt als Vizekanzler oder Parteivorsitzender zurücktreten sollen? In der damaligen Situation war diese Reaktion verständlich, dennoch betrachte ich diese Entscheidung in der Rückschau als Fehler. Neben Sebastian Kurz waren es vor allem meine vermeintlichen Parteifreunde Norbert Hofer und Herbert Kickl, die mich zu diesem Schritt drängten und mir nicht den Rücken stärkten, ganz im Gegenteil. Wer auch immer ein Interesse an meinem Rücktritt und der damit verbundenen Schwächung, vielleicht sogar Zerschlagung der FPÖ gehabt haben könnte: diese Pläne wären ohne die bereitwillige Mithilfe durch meine `Parteifreunde´ nicht umsetzbar gewesen. Der Stehsatz, dass `Parteifreund´ die Steigerungsform von `Todfeind´ ist, ist nicht nur abgegriffen, leider ist er oft auch wahr. Neid, Eifersucht und das eigene Ego lassen so manchen Idealisten zum politischen Meuchelmörder werden, wenn die Gelegenheit günstig ist. Inhaltliche Differenzen und Konflikte über Werte sind manchmal der Grund für die Querelen, oft aber nur ein praktischer Vorwand für persönlichen Ehrgeiz. Meinungsverschiedenheiten innerhalb einer Partei sind normal und das ist in einem demokratischen Sinne auch gut so.
Kapitel 8.
DAS ZIEL DIESES BUCHES besteht nicht darin, eine vollständige Darstellung der jahrelang konstruierten und geplanten Spesenvorwürfe und des Ibiza-Attentats zu liefern, dies ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft und aufklärungswilliger, unabhängiger, investigativer Journalisten, die die Wahrheit ans Licht bringen wollen. Darüber hinaus ist die Aufarbeitung der Affäre nach wie vor im Gange, jede abschließende Beurteilung wäre also zum Erscheinungszeitpunkt dieses Buches wahrscheinlich schon obsolet. In Wien beschäftigte sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit den Hintergründen und Folgen, gegen einige Akteure sind Verfahren anhängig, die wohl erst in Monaten oder Jahren abgeschlossen sein werden. Ein wichtiger Schritt war die Veröffentlichung des gesamten, ungeschnittenen Videos, das nicht nur mich eindeutig entlastet, sondern eben dadurch jene angeblich investigativen Journalisten diskreditiert, die sich an den manipulativ zusammengeschnittenen Einzelzitaten abgearbeitet haben. Der Fernsehfilm, den der Sender Sky über den Abend in Ibiza produziert hat, ist damit schon vor der Erstausstrahlung überholt. Das Video belegt eindeutig, dass mein Rücktritt mit einem Bluff erzwungen wurde, unterstützt vom Versagen der Medien, das in einer Liga mit den angeblichen Hitler-Tagebüchern oder den frei erfundenen Reportagen des Claas Relotius spielt. Auch auf der internationalen Ebene verfolgt man die Ermittlungen mit Aufmerksamkeit, von den möglichen Verbindungen nach Deutschland und eventuell in andere Länder wird noch die Rede sein.
Kapitel 9.
IN DEN VORANGEHENDEN Kapiteln habe ich versucht, die Ereignisse der letzten Jahre aus meiner Sicht darzustellen. Es ging mir dabei nicht um eine Rechtfertigung, um eine Verteidigung meiner Position oder um das Schönreden meiner Versäumnisse. Vielmehr halte ich es für notwendig, der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, die angesprochen Themen aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich gehe davon aus, dass meine Ausführungen teils auf Unterstützung, Verständnis und Interesse stoßen werden, teils auf Ignoranz, Kritik und heftigen Widerstand. Es soll aber auch deutlich werden, dass Ibiza auf mehreren Ebenen nicht abgeschlossen ist: Ein Untersuchungsausschuss beschäftigte sich mit den Hintergründen und nahm vor allem das Verhalten einiger wichtiger Persönlichkeiten in den dramatischen Tagen nach der Veröffentlichung des Videos unter die Lupe. Die Staatsanwaltschaft und die Ermittler gehen einigen Spuren nach, sowohl in Österreich als auch im Ausland. Auch ich selbst arbeite mit meinen Freunden und Unterstützern an der Aufdeckung der Drahtzieher und deren Interessen. Wer kann zum jetzigen Zeitpunkt wissen, welche Erkenntnisse in Bezug auf die Ibiza-Intrige noch auf uns warten?
Kapitel 10.
DIE INNOVATIONEN, DIE UNSER Leben transformieren, bieten großartige Chancen, aber auch gefährliche Missbrauchsmöglichkeiten. Die totale Digitalisierung ist längst eine Tatsache und erleichtert unseren Alltag in Beruf und Freizeit, aber sie macht uns auch zum sprichwörtlichen `gläsernen Bürger´, man kann uns verfolgen, durchschauen, kontrollieren und – im schlimmsten Fall – abschalten. In der Gesellschaft ist gleichzeitig eine kritische Grundstimmung wahrzunehmen, ein wachsendes Gespür für die Gefahren dieser Entwicklung. Wir alle nehmen den wachsenden Druck durch Verbote, Genehmigungspflichten, Einschränkungen wahr, die oft nicht greifbar sind, aber unsere gewohnte Freizügigkeit mehr und mehr unter Druck setzen. Es ist wohl kein Zufall, dass führende Protagonisten immer wieder das chinesische System der Sozialkredite zitieren, das regierungskonformes Wohlverhalten belohnt und Widerstand oder Kritik bestraft. Könnte dies etwa mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zu tun haben? Unmittelbar und kurzfristig muss es also um die Rettung unserer Grund- und Freiheitsrechte gehen, die schon seit Jahren Schritt für Schritt eingeschränkt wurden. Wir müssen Debatten über die Gründe und Rechtfertigungen der Maßnahmen führen, die auch Kritiker und andere Meinungen mit einschließen. Wir müssen eine breite Diskussion über unsere Zielvorstellungen und auch deren Kosten anstoßen, ohne in irrationale Träumereien abzugleiten. Angesichts der Unbeweglichkeit der meisten europäischen Regierungen, wo einige Protagonisten schon davon träumen, die aktuelle Verbotspolitik für den Klimaschutz weiterzuführen und die Bürger weiter zu strangulieren, ist leider mit einer Eskalation zu rechnen.
Kapitel 1. Ibiza
SCHON SEIT JAHREN HATTE sich die Tradition entwickelt,
dass ich nach einem intensiven Arbeitsjahr vierzehn Tage
Sommerurlaub mit meiner Familie machte....
Kapitel 2. Der Weg nach oben
DER VERBAND DER UNABHÄNGIGEN, der im März 1956
von Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann gegründet wurde und
später in der FPÖ aufging, war mehr oder minder ein Betriebsunfall
der Gründer der Zweiten Republik...
Kapitel 3. Patrioten aller Länder...
IM ZUGE DER KOALITIONSGESPRÄCHE im Herbst 2017
wies mich Sebastian Kurz immer wieder auf den starken internationalen Druck hin, der auf ihm lastete...
Kapitel 4. In die Koalition
DER BEGINN MEINER OBMANNSCHAFT in der FPÖ wareher eine Steißgeburt. Ich übernahm eine Partei, die nicht nur amBoden lag, sondern auch intern gespalten und überschuldet war sowieinhaltlich eine Neuausrichtung brauchte...
Kapitel 5. Regierungsverantwortung
DIE ANGELOBUNG DER NEUEN Koalitionsregierung am
17. Dezember 2017 verlief in amikaler Atmosphäre. Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte das türkis-blaue Team als
“konstruktiv, kooperativ und lösungsorientiert”, mahnte aber
auch Rücksicht auf die Schwachen in der Gesellschaft ein – und
rannte damit bei mir offene Türen ein, da ich auch stets für die
hilfsbedürftigen Bürger in Österreich eintrat...
Kapitel 6. Der Fall
TROTZ DER ÜBLICHEN Meinungsverschiedenheiten, die zu jeder Beziehung, und damit auch zu einer Koalition gehören, hatten wir uns nach mehr als einem Jahr mit der Volkspartei zusammengerauft, viele Initiativen gemeinsam auf den Weg gebracht, professionell gearbeitet und auch nach außen konstruktiv zusammengewirkt..
Kapitel 7. Feind, Todfeind, Parteifreund
HÄTTE ICH NACH DER Veröffentlichung des manipulativ
gekürzten und aus dem Kontext gerissenen Ibiza-Videos überhaupt
als Vizekanzler oder Parteivorsitzender zurücktreten sollen?
Kapitel 8. Hintergründe
DAS ZIEL DIESES BUCHES besteht nicht darin, eine vollständige Darstellung der jahrelang konstruierten und geplanten Spesenvorwürfe und des Ibiza-Attentats zu liefern, dies ist Aufgabe
der Staatsanwaltschaft und aufklärungswilliger, unabhängiger, investigativer Journalisten, die die Wahrheit ans Licht bringen wollen...
Kapitel 9. Resümee und Ausblick
IN DEN VORANGEHENDEN Kapiteln habe ich versucht, die
Ereignisse der letzten Jahre aus meiner Sicht darzustellen. Es ging
mir dabei nicht um eine Rechtfertigung, um eine Verteidigung
meiner Position oder um das Schönreden meiner Versäumnisse. Vielmehr halte ich es für notwendig, der Öffentlichkeit die
Möglichkeit zu geben, die angesprochen Themen aus einer anderen
Perspektive zu betrachten...
Kapitel 10. Vom tiefen Fall zum Neustart für Österreich
DIE INNOVATIONEN, DIE UNSER Leben transformieren,
bieten großartige Chancen, aber auch gefährliche Missbrauchsmöglichkeiten. Die totale Digitalisierung ist längst eine Tatsache
und erleichtert unseren Alltag in Beruf und Freizeit, aber sie macht
uns auch zum sprichwörtlichen `gläsernen Bürger´, man kann
uns verfolgen, durchschauen, kontrollieren und – im schlimmsten
Fall – abschalten...